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Heinz macht(e) Musik |
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Während meiner Schulzeit besuchte ich jahrelang den Klavierunterricht bei Frau Selig. Die Klavierlehrerin schätzte die klassische Musik über alles und ich fand dagegen mehr Gefallen an fetziger Unterhaltungsmusik. Schliesslich kam es zum Eklat: Ich haute den Klavierdeckel zu und wollte fortan Schlagzeug oder Vibraphon spielen. Das passte meinen Eltern ganz und gar nicht und für einige Jahre beschäftigte ich mich nur noch als Musikkonsument.
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Als ich meine Lehrzeit als Mechaniker begann, kam die Lust auf das Musizieren wieder auf und ich baute mir mein erstes Schlagzeug selbst. Mein Probelokal richtete ich im Heizungskeller ein und schon bald fand ich Anschluss bei einer Lehrlingsband in unserer Region. Unsere ersten Engagements hatten wir an Schülerveranstaltungen rund um Zofingen.
Bild unten links: Als 5-Mann-Tanzorchester am Examentanz der Zofinger Schulen
im Stadtsaal Zofingen.
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Nach und nach wurden verschiedene Mitglieder ausgewechselt und neue, bessere Musiker kamen hinzu, ja sogar eine Sängerin. Der Pianist Otto Kornmayer und ich erkannten bald, dass ein grosses Orchester viel zu schwerfällig ist. Also verabschiedeten wir uns und gründeten ein Duo mit dem Namen
"The Continentals". Bilder oben Mitte und rechts. Schon bald realisierten wir, dass die Engagements
ständig zunahmen und wir passten uns auch optisch der neuen Umgebung an. In weissen Dinnerjackets mit schwarzer Fliege und einem gut dotierten Repertoire traten wir an privaten
Party's und eleganten Soirées auf. Die Gagen erlaubten mir bald, dass ich mein selbst gebasteltes Schlagzeug gegen ein professionelles Instrument austauschen konnte.
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Später fand Otto, dass er als Solopianist noch mehr Möglichkeiten hatte und so trennten sich unsere Wege. Übrigens,
Otto spielt noch immer professionell Klavier und zwar unter dem
Künstlernamen "Rico Seewald". Also war ich wieder auf der Suche nach neuen Mitgliedern für ein kleines Tanzorchester. Ausgerechnet zu dieser Zeit wurde in Zofingen ein internationales Treffen für die Fahrer von Vespa-Rollern geplant und die Organisatoren fragten mich an, ob ich am grossen Unterhaltungsabend auf der Bühne etwas
für das junge Publikum organisieren könnte. In diesem Zusammenhang fand ich die Brüder Alfons und Mario Ursprung aus Trimbach. Alfons spielte Akkordeon und sein jüngerer Bruder Mario konnte nicht nur sehr gut Klavier spielen, sondern war gesanglich mit seinem jugendlichen Charme umwerfend gut. Die damaligen Hits, wie
"Buona sera" und "Suger, Suger Baby" lösten beim Publikum wahre Begeisterungsstürme aus. Die Bühnenshow war ein absoluter Hit und wir beschlossen spontan, als Trio
"The Continentals" weiter zu machen.
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Trio The Continentals |
Mario Ursprung |
Heinz Gerbig |
Alfons Ursprung |
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In knallig blauen Blazern und
schwarzen Hosen traten wir an vielen Anlässen im ganzen Mittelland auf
und hatten sogar Engagements in Zürich und am Bodensee.
Bild links: Mario,
Heinz und Alfons.
Bild rechts: Das Trio mit Klamauk und
Showeinlagen. |
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Um die Kasse noch besser klingeln zu lassen, organisierten wir auf eigene Rechnung Tanz-Party's bei Kerzenlicht.
Das war der damalige Samstagabend-Knüller und mit ausnahmslos vollen Sälen und natürlich auch vollen Kassen. 1963 wurde das Trio aufgelöst, Alfons wohnte und arbeitete in Basel, Mario in Solothurn und Heinz in Zug.
Eine schöne Zeit ging zu Ende und zwar auf dem Höhepunkt - da wo man eigentlich aufhören sollte.
Alfons macht heute noch immer Tanzmusik und Mario ist Musikprofessor an
der Kantonsschule in Solothurn.
Zwischendurch und nach der Zeit mit den
"The Continentals" war ich aushilfsweise Schlagzeuger bei
anderen Bands. So suchte Hans von Allmen, Bandleader der bekannten 7
Berry's aus Baden einen neuen Schlagzeuger. Verschiedene Interessenten
wurde bei einer Orchesterprobe in Mellingen getestet und man wollte mich
fest in die Band aufnehmen. Bereits machte ich mit den Berry's
aushilfsweise an diversen Tanzveranstaltungen als Drummer mit, so unter
anderem auch im Hotel Glockenhof in Aarau. Hans von Allmen wollte -
wie mit allen Mitgliedern des Orchesters üblich - auch mit mir einen
festen Vertrag abschliessen. Doch da legten sich meine Eltern quer. Als
Lehrling im 4. Lehrjahr stand die Lehrabschlussprüfung bevor. Da war eine
Nebenbeschäftigung als Schlagzeuger an mindestens 6 - 8 Freinächten pro
Monat nicht möglich. Schliesslich musste ich den Berry's
absagen, behielt aber weiter Kontakt mit den Musikern. In Olten gab es
damals ein Orchester mit dem Namen "Jean-Pierre-Sextett". Der
Chef war Jean-Pierre von Arx und sein Bruder spielte in derselben Band
Gitarre. Es ist notabene der bekannte Bill von Arx, später Gitarrist
bei Pepe Lienhard und seither Musikredaktor am Radio DRS. An einem Abend
rief mich Jean-Pierre an und bat mich dringend für seinen erkrankten
Schlagzeuger einzuspringen. "Die Uniform bringen wir mit, damit alle
gleich auftreten". Ein Riesengelächter der fünf Musiker, als sie
mich abholten, denn das Jacket und die Hose vom Schlagzeuger waren mir
mindestens 8 Nummern zu gross. Ich "versoff" förmlich in der
Uniform und entfernte mich den ganzen Abend nicht von meinem
Schlagzeug.
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Mit den jahrelang durchgeführten Tanz-Party's kannte ich
den "Markt" der Samstagabend-Veranstaltungen und wagte mich an
grössere Projekte. Ich mietete den Zofinger Stadtsaal und organisierte
einen Frühlingsball mit der Schlagerparade 1962.
Die ganze Vorbereitungsarbeit erledigte ich ohne fremde Hilfe, vom
Entwurf der Inserate und Plakate bis zum Anschlagen derselben und
verteilen der mehreren Tausend Flugblätter. Am Anlass selbst sass ich an
der Kasse und hoffte nur noch, dass ich wenigstens keinen Verlust machte.
Aber morgens um 03.00 Uhr hat ich soviel Einnahmen in der Kasse, dass ich
nach Abzug aller Auslagen für Fr. 8000.00 einen fast neuen Alfa-Romeo
Sportwagen kaufen konnte. (siehe Seite Auto).
Kurz nach dem erfolgreichen Abend, nahm ich Kontakt mit Hazy Osterwald
auf und ich plante den gleichen Anlass für 1963 mit dem bekannten
Sextett! Die ersten Gespräche mit der Topband waren überaus positiv.
Doch einige Wochen später verlangte die Verwaltung vom Stadtsaal einen
absolut rechtswidrigen Anteil der Einnahmen, weil es ihnen nicht passte,
dass ein junger Schnösel sich eine goldene Nase verdiente. Einige Monate
später wurde die Stadtverwaltung einsichtig und verzichtete auf die
nachträgliche Forderung. Aber einen weiteren Anlass in dieser Art war
nicht mehr möglich. |
Irgendwie liess mich die Musik nie ganz los und anfangs der 80er Jahre kaufte ich in den USA ein Pianola. Das ist ein mechanisches Klavier, welches zwischen 1900 und zirka 1930 in vielen Haushalten vor allem in Deutschland, England und den USA zu finden war. Das Pianola konnte als ganz normales Klavier benützt werden oder aber als „Musikmaschine“, die mit gelochten Papierrollen und durch einen Tretmechanismus oder Elektromotor betrieben werden konnte. Ab 1930 wurden die Rundfunkempfänger und Grammophone grossflächig eingeführt und das Pianola verlor zusehends an Bedeutung.
Mein Pianola ist ein modernes Kleinklavier mit Musik-Mechanik. Die Papierrollen werden heute noch von einer Firma in den USA hergestellt und im Angebot sind über 1000 Musiktitel.
In London fand ich bei einem Mann im Hausgang mehrere hundert Original alte Musikrollen aus den 20er Jahren und konnte diese Sammlung günstig einkaufen. Der Schweizer Zöllner wunderte sich, dass ein Schweizer „Altpapier“ aus England importiert.
Ab und zu bin ich mit dem Pianola im Café Bel Ami in Zofingen, sowie an privaten Veranstaltungen aufgetreten.
Bild rechts:
Ein Fabrikant organisierte in seiner Villa einen nostalgischen Soirée. Da war ich mit meinem Pianola die Attraktion für die stilecht gekleideten Gäste. |
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Die Wirtsleute vom Bürgisweyerbad in Madiswil organisieren
in regelmässigen Abständen kulinarische Wochen nach bestimmten Themen. Im
November 2005 waren es "nostalgische Zeiten" mit Speisen aus Grossmutters
Rezeptbuch und ich spielte auf dem Pianola alte Jazz-Rhythmen und
Gassenhauern aus den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Bild
rechts: André und Sonja Schreiber mit zwei Serviertöchtern. |
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